Digitalisierung oder Digitale Transformation in der Bildung?

Was ist Digitalisierung, was digitale Transformation? Warum ist es nicht das Gleiche? Was ist der Unterschied und wohin geht die Reise?  Aktuell und lesenswert dazu ist Michael Kerres‘ Beitrag in EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa vom 20. 2. 2017 mit dem Titel «Digitale Bildungsrevolution? Ein Plädoyer für die Gestaltung des digitalen Wandels».

Allein die Digitalisierung von Bestehendem ist noch keine digitale Revolution. Es ist nur alter Wein in neuen Schläuchen: So wird das Lernen nicht besser nicht erfolgreicher, wenn man statt des ausgedruckten Blattes nur die digitale Form desselben Inhalts, das PDF, ins Netz stellt und das Papier dann auch noch gleich nutzt wie das Blatt in Papierform. Digital allein heisst nicht besser, wenn man auch sonst nichts am Setting ändert. Kerres weiter: „Digitale Medien machen das Lehren und Lernen nicht a priori besser.“

Digitale Medien haben aber, so Kerres weiter, das Potenzial, Lehr- und Lernarrangements zu verändern und so Lernen anders zu gestalten. Hier würde ich ansetzen, wenn es darum geht, die Prozesse im Rahmen der digitalen Transformation zu verändern. Transformieren hast ja tatsächlich verändern.
Die Veränderung indes liegt in der sozialen Dimension des Internets. Während das Internet zunächst als Ablageort für Inhalte genutzt wurde (PDF-Schleudern, um etwas gemein zu sein) sind heute die sozialen Beziehungen und die Austauschmöglichkeiten von Bedeutung. Dazu Kerres:

Betrachtete man das Internet zunächst vor allem als einen Ort, um Inhalte für das Lernen bereitzustellen, rückt heute immer mehr die Bedeutung des Internets als sozialer Ort in den Mittelpunkt der Diskussion: Im Internet können Menschen sich austauschen, Beziehungen knüpfen und Wissen mit Anderen teilen.

So können Menschen in Lernsettings das Internet nutzen, um sich peer-to-peer, also untereinander zu Inhalten auszutauschen. Dies fördert die Metakognition und die persönliche Reflexion. Früher hatte man dazu keine Zeit. Die Dozierenden dachten, die müssten die Zeit nutzen für die Wissensvermittlung. Heute kann man dies ins Netz verlagern, wo sich die Studierenden erst noch alles im eigenen tempo ansehen können, und die Präsenzstunden, diese wertvolle Zeit, kann für die wirklich wichtigen Fragen eingesetzt werden. Schliesslich geht es ja auch darum, Selbststeuerung im Lernen auch tatsächlich zuzulassen, zu ermöglichen. Wenn wo immer noch doziert wird, hat Selbststeuerung und Selbstverantwortung wenig bis keinen Platz. Heute wissen wir, dass

…nicht die Technik [ist], die Bildung verändert, sondern Menschen können Bildung verändern – mit digitaler Technik als wirksamen Mittel, das uns hilft, bestimmte Szenarien besser umzusetzen. Wie bereits angedeutet: Es geht um Szenarien des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien, bei denen eine Lernkultur verfolgt wird, die das selbstgesteuerte genauso wie das kooperative Lernen oder das problembasierte Lernen mit vielfältigen Materialien in den Mittelpunkt stellt.

Dies ist nicht einfach, denn wir sind alle mit einem Paradigma aufgewachsen, das zu unserem biografischen Erleben als Schüler/in, als Studierende/r, als Lehrer/in gehört und darin fest verankert ist. Dennoch:

Die (…) „digitale Transformation“ der Bildung scheitert (..) zuverlässig, wenn davon ausgegangen wird, dass dieser Wandel bereits durch Einsatz von digitaler Technik selbst bewirkt werden wird.

Somit bestätigt Kerres einmal mehr, worum es geht: Es geht um den Paradigmenwechsel in der Bildung, um Transformation, um Veränderung.